10 Jahre Schulhunde am TMG in Blankenloch

Der Anfang

Am 26.05.2011 erblickte der Golden Retriever Rüde Amherst Vibrant George als kleinster von insgesamt 6 Welpen das Licht der Welt und mit ihm begann die Geschichte der Schulhunde am TMG. Bereits als Welpe zeigte George ein unaufdringliches, gleichzeitig menschenbezogenes Verhalten. Wenn er einen ansieht, hat man das Gefühl, er lächelt, sodass man gar nicht anders kann, als selbst zu lächeln. Mit diesen Eigenschaften ist George geradezu prädestiniert für seinen Einsatz als Schulhund. Die hohen Erwartungen, die an ihn von Anfang an gestellt wurden, hat er im Laufe der Jahre mehr als erfüllt. Mit 10 Wochen begann George, das TMG zu erobern: Erst wurde das leere Schulhaus besucht, danach die Gänge während des Unterrichtes. Da und dort standen Türen von Klassenzimmern auf und zur Begeisterung der Schüler und Schülerinnen drehte das schnuffelige Welpenwollknäul neugierig kleine Schnupperrunden durch die Klassenzimmer. Es folgte das Lehrerzimmer, in dem während der großen Pause hektischer Betrieb herrscht. Bevor er seinen Einsatz im „normalen“ Unterrichtsbetrieb begann, lernte George „seine“ Klassen, in denen er im Unterricht dabei sein sollte, in besonderen Einführungsstunden kennen. So ist das auch geblieben. Diese Stunden sind immer absolute Highlights für Kinder und Hund.

Inzwischen ist George 10 Jahre unermüdlich im Einsatz und noch mit derselben Begeisterung dabei. Wenn es morgens losgeht Richtung Schule, steht er aufgeregt wedelnd an der Haustür und nichts ist dann schlimmer, als wenn er zuhause bleiben muss.

Die Kinder

Die Kinder waren und sind begeistert, was nicht verwunderlich ist. Innerhalb weniger Wochen gewöhnt sich eine Klasse daran, dass ein Hund im Unterricht anwesend ist: George gehört zum Unterrichtsalltag und, wenn er mal nicht dabei ist, sind die Kinder enttäuscht. Berührungsängste kennen die Kinder nicht. Und wenn ein Kind doch einmal in Gegenwart von Hunden unsicher fühlt, dann ist das ganz schnell vorbei. George schaffte es von Anfang an, dass die Kinder ganz schnell jede Angst und Scheu verlieren. Seine zurückhaltende, vorsichtige Art, mit der er den Kindern begegnet, lässt diese Vertrauen zu ihm fassen und Ängste verschwinden. Für den Unterricht mit Hund gibt es „lockere Rahmenbedingungen“, besonders für das Verhalten gegenüber dem Hund. Wie dieser Rahmen dann gefüllt wird, ist den Kindern weitgehend selbst überlassen. Da der Hund sich frei bewegen kann, hat er immer die Möglichkeit, eine Situation, die ihm nicht behagt zu verlassen. Sicher ist, dass Kinder und Hunde den gegenseitigen Körperkontakt suchen. Dabei steht „Action“ eher im Hintergrund. Der Hund ist für die Kinder eher ein Ort der Ruhe. Wie der Hund, dürfen auch die Kinder entscheiden, welche Situation ihnen angenehm ist. So kommt es, dass die einen Kinder „normal“ auf ihren Stühlen an ihren Tischen sitzen, andere sitzen auf dem Fußboden, manche liegen bäuchlings und erledigen ihre Aufgaben, andere schmusen direkt mit dem Hund, während sie arbeiten. Mal ist der Hund Kopfkissen oder ein Kind liegt längs neben dem Hund dicht an ihn geschmiegt, mal wird der Hund gedankenverloren gekrault, während das Kind in seine Aufgabe vertieft ist. Manch einer, der unverhofft das Klassenzimmer betritt, würde vielleicht den Eindruck von Chaos haben. Aber das täuscht!

Was ein Hund den Kindern genau bedeutet, lässt sich eigentlich gar nicht in Worte fassen. Die Bilder, die im Laufe der Jahre im Unterricht entstanden sind, sprechen für sich.

Das Schulleben

Im Laufe der nächsten Jahre wird George fester Bestandteil des Schulalltags. Die Klassen, in denen er zum Einsatz kommt, lernen ihn im Stuhlkreis kennen und es werden Verhaltensregeln zum Umgang mit dem Hund erarbeitet. Aber das Wichtigste für Kinder und Hund: Es gibt bei dieser Gelegenheit jede Menge Wurst- und Käsestückchen und es darf auf Fell-Tuchfühlung gegangen werden.

Klassenlehrer können George in den Klassenlehrerstunden einladen, eine Gelegenheit für andere Kinder, in deren Unterricht George nicht dabei ist, ihn kennenzulernen. Die Regeln zum Umgang mit einem Hund können Anlass dafür sein, über die Regeln im Umgang mit anderen Menschen nachzudenken.

George besucht jedes Jahr die 5. Klassen im Biologieunterricht und die Kinder erfahren ganz viel über Hunde.

Im ITG Unterricht können Erfahrungen mit sozialen Netzwerken gemacht werden. Dafür hat George eigene Profile bei Facebook und Instagram.

Als feste Veranstaltung haben sich auch die Nachtwanderungen mit den 5. Klassen im Herbst etabliert. Erst geht es gemeinsam mit Hund durch die Dunkelheit und im Anschluss wird geschmaust, was die wartenden Eltern gerichtet haben. Ein unvergessliches Erlebnis für die Kinder und für die Eltern eine Gelegenheit, sich ungezwungen etwas kennenzulernen.

Eine Hunde–AG findet seit ein paar Jahren auch statt. Einmal in der Woche trifft sich eine kleine Gruppe im Hundehof. Hier geht es um den richtigen Umgang mit einem Hund und vor allem um die nonverbale Kommunikation. Die Kinder erkennen, dass es weder notwendig ist, einen Hund an der Leine durch die Gegend zu zerren, noch lautes Brüllen bei der Verständigung mit dem Hund besonders hilfreich ist. Stattdessen lernen sie, ihren Körper bewusst als Mittel der Kommunikation mit dem Hund einsetzten und auf diese Weise den Hund zu führen.

Bei dem Informationsnachmittagen am TMG ist George auch jedes Jahr mit wechselndem Programm dabei: Probeunterricht, Kennenlernrunden, Vorführung der Hunde–AG …

Die Prüfungen

Im Laufe der Jahre verschlief George nicht nur jede Menge Klassenarbeiten, während die Kinder sich abmühten und schwitzten, George selbst musste auch lernen. Er ging zwei Jahre in die Hundeschule, legte die Hundeführerscheinprüfung des BHV ab, er bestand den Wesenstest beim GRC und wurde von der Gemeinde Stutensee als Diensthund anerkannt. Außerdem besuchte er verschiedene Kurse zu den Themen „Longieren“, „Suchen“, „Apportieren“ und „Dog Diving“. Als echter Retriever war er immer mit großer Begeisterung, Will to please und Einsatz dabei.

Die Verstärkung

Weil der Einsatz von George am TMG so viel Zuspruch fand, wurde Verstärkung hinzugeholt. Nach drei Jahren kam Amherst Z’Tender James als zweiter Schulhund ans TMG. Anfangs war ein wechselnder Einsatz der beiden Hunde geplant, aber die Praxis zeigte, dass die beiden als Doppelpack einfach unschlagbar sind. Sie ergänzen sich in ihrem Verhalten und ihrem Wesen so gut, dass sie meistens zusammen im Schulhaus unterwegs sind.

Die Anekdoten

Was wäre ein Rückblick ohne nette Annekdoten ...

Wie wichtig den Kindern der Hund ist, zeigte sich bei einem Besuch der ehemaligen Schulleiterin Frau Wallenwein, die sich im laufenden Unterricht ein Bild von dem Projekt „Schulhund“ machen will. Bei dieser Gelegenheit bekam sie zwar keinen realistischen Eindruck von Unterricht mit Hund, aber eine beeindruckende Demonstration davon, was George den Kindern bedeutete. Der Besuch fand in einer munteren, unternehmungslustigen Unterstufenklasse statt, auf dem Plan stand Grammatikunterricht. Aber, ganz anders als erwartet, herrschte in der Klasse gespenstische Stille, statt lebhafter Pauseninteraktionen, als George in Begleitung zu Beginn der Stunde ins Zimmer kam. Alle Kinder saßen bereits auf ihren Plätzen, bewegungslos und still. Kein Kind muckste sich, es sein denn, es wollte eine Frage beantworten. Es war richtig unheimlich, obwohl die Kinder aufmerksam waren und sehr gut mitarbeiteten, wirkten sie wie Puppen, wie Automaten. Als die Stunde zu Ende war, verließen die Kinder fast geräuschlos das Klassenzimmer, als sie in die Pause gingen. Kein Kinderlachen, kein fröhliches Plaudern, kein Rascheln von Butterbrotpapieren, kein Hüpfen, Rangeln oder Springen, kein Schaben von Stühlen auf dem Fußboden ... Der Grund für dieses ungewöhnliche, irritierende Verhalten der Kinder wurden in der nächsten Deutschstunde klar. Die Kinder hatten Angst, dass die Schulleiterin „ihnen George wegnimmt“, wenn nicht alle Kinder „brav“ sind. Die Kinder konnten nicht wissen, dass Frau Wallenwein eine große Befürworterin des Projektes „Hunde in der Schule“ war und sicher die letzte Person, die ihnen „ihren“ George wegnehmen würde!

Mit einem Welpen in der Schule ist es nicht immer ganz einfach. Damit George 45 Minuten Unterricht entspannt verbringen konnte, ging es direkt vor und direkt nach der Stunde kurz auf die Wiese, damit er sich lösen konnte. Aber manchmal … Die Klasse war gerade zur Begrüßung aufgestanden, als George dazu ansetzte, sich zu lösen. Da musste es schnell gehen! George wurde hochgenommen, es gab eine kurze Anweisung an die Kinder in der ersten Reihe, was zu tun ist, und los ging es im Galopp nach draußen. Die Kinder, die hinten standen, konnten gar nicht sehen, was los war, aber haben mitgezogen. So schnell hat wahrscheinlich noch nie eine 6. Klasse ihr Klassenzimmer geräumt und das Schulhaus verlassen. Und ein Thema für die nächste Erlebniserzählung gab es auch.

Wenn ein Welpe sich sehr freut, kann es schon geschehen, dass er ein bisschen Wasser lässt. Die Freude des Welpen ist entzückend, das andere eher weniger. Es ist Frau Wallenwein hoch anzurechnen, wie gelassen sie reagierte, als Baby-George sie freudig begrüßte und dabei ihre Schuhe einnässte. Sie hat es mit großer Fassung und Humor getragen.

George begrüßte nicht nur Frau Wallenwein jeden Morgen mit großer Begeisterung, er fasste auch große Zuneigung zu Frau Anzt. Diese Gefühle beruhen auf Gegenseitigkeit. Anders lässt es sich zumindest nicht erklären, dass Frau Anzt George bei der Verabschiedung von Frau Wallenwein mit Leckereien vom Buffet versorgte.

Für die Verabschiedung von Frau Wallenwein, die besonders an George hing, war eine Überraschung geplant. Die Tatsache, dass George Frau Wallenwein bei der ersten Begegnung am Morgen immer geradezu enthusiastisch begrüßte, sollte ausgenutzt werden. George war an dem Morgen nicht in der Schule und wurde erst geholt, als im ersten Teil der Veranstaltung die offiziellen Reden gehalten wurden. Er wurde im hinteren Teil der Festhallte außer Blickweite von Frau Wallenwein gehalten und erst losgelassen, als Frau Wallenwein selbst auf der Bühne stand und ihre Rede begann. George erkannte ihre Stimme und stürmte los. Als Frau Wallenwein ihn sah, war sie so überrascht, dass ihre Stimme lauter wurde. Zusätzlich verstärkt durch das Mikrofon erschreckte George das so sehr, dass er verwirrt den Rückzug antrat. Nachdem das „Problem“ beseitigt worden war, stand einer freudigen Begrüßung nichts mehr im Wege.

George pflegt nicht nur intensive Beziehungen zur Schulleitung, sondern ist auch im Kollegium bestens integriert. Ganz oben auf seiner Freundschaftsliste steht sicher Frau Habich. Wenn George Frau Habich sieht, legt er sich sofort auf den Rücken, streckt sein Hinterbein hoch und erwartet ganz offensichtlich, ausführlich am Bauch gekrault zu werden. Und Frau Habich – geht in die Hocke und tut wie ihr geheißen. Ein festes Ritual!

Es war der vorletzte Schultag vor den Sommerferien, das Ende des ersten Schuljahrs für George. Ein großer Teil der Klasse war bei einer Chorprobe und es musste ein Programm für die verbliebenen Kinder her. Also wurde beschlossen, ein paar Fotos mit den Kindern und George auf dem Gang zu machen. Die Kinder beschlossen, auf allen Vieren mit George auf dem Fußboden zu krabbeln. George dachte, jetzt kommt die große Tobespielaktion und war entzückt. Begeistert fing er an zu bellen. Damit erschreckte er die Kinder, die ihn noch nie zuvor hatten bellen hören. Während langsam die anderen Kinder aus der Chorprobe zurückkamen und die Klasse wieder vollständig war, entstand die Idee zu einem besonderem Klassenfoto. Die Kinder positionierten sich auf dem Fußboden, als würden sie auf allen Vieren krabbeln, bewegten sich aber nicht. In der Mitte wurde ein Gang gelassen, durch den George abgerufen wurde. So bekamen wir ein ganz besonderes Bild. Es sah zwar aus, als würden alle zusammen über den Boden krabbeln, aber in Wirklichkeit war George der Einzige, der sich während der Aufnahmen bewegte. Spaß hatten allerdings alle!

Ein anderes ungewöhnliches Klassenfoto entstand im ITG–Unterricht. Um den Kindern zu verdeutlichen, welche Eigendynamik soziale Netzwerke haben, sollte ein Bild bei Facebook eingestellt werden. Natürlich sollte es ein irgendwie besonderes Bild sein … Also setzten sich die Kinder alle ganz dich zusammen auf den Fußboden, die Hunde dazwischen, alle Kinder verdecken mit ihren Händen ihr Gesicht, sodass George und James die einzigen sind, die in die Kamera schauen. Das Bild hat sich in weniger als 48 Stunden über alle Kontinente verbreitet: Wir haben Grüße aus der ganzen Welt bekommen! In der Zeit, in der die Klasse das Bild „beobachtet hat, erreichte es alleine auf dem direkten Weg über Georges Seite über 42.000 Menschen, es wurde 276 Mal geteilt, 192 Mal kommentiert und erhielt 149 Likes. Auf einer Karte im Klassenzimmer haben wir markiert, woher die verschiedenen Kommentare, meistens liebe Grüße, jeweils kamen.

George ist zwar ausgesprochen fotogen, es gibt gefühlt unendlich viele Bilder von ihm, aber er ist kein „Poser“. Am TMG werden jedes Jahr Weihnachtskarten verkauft. Die Motive werden von Schülern und Schülerinnen gestaltet. Eine langjährige Tradition! Da liegt es doch nahe, auch Weihnachtskarten mit Bildern von George drucken zu lassen. Also los, Fotos mit George machen! In einem Klassenzimmer wurde Platz geschaffen und als weihnachtliches Accessoire eine rote Weihnachtsmannmütze besorgt. George verlor ziemlich schnell seine Begeisterung für stimmungsvolle Arrangements und vergnügte sich mit der durchaus interessanten Mütze auf seine Weise. Gute, dass es nicht die Mütze vom echten Weihnachtsmann war! (Allerdings sieht es wilder aus, als es tatsächlich war. Die Mütze gibt es noch immer und sie hat bei anderen Gelegenheiten gute Dienste geleistet.)

Der Unterricht mit George ist einerseits alltäglich, andererseits auch immer etwas Besonderes. Aber egal wie er nun ist, für die Kinder gilt im Unterricht, ob mit oder ohne Hund, es muss aufgepasst werden. Dass sie aufpassen, können die Schüler und Schülerinnen am besten beweisen, indem sie sich melden und Beiträge zur Erarbeitung der Unterrichtsinhalte leisten. Wenn man auf dem Fußboden sitzt, mach man das eben vom Fußboden aus, wenn man unterm Lehrerpult liegt, eben von dort aus. Wer sich regelmäßig meldet, ist dabei und darf bleiben, wo er oder sie ist. Und je nachdem, sieht man nur eine Hand, die zwischen den Bankreihen hochgestreckt wird, oder eine Fingerspitze, die sich aus der Ritze zwischen Lehrerpult und erster Tischreihe hochschiebt.

Die Öffentlichkeit

Das Schulhundeprojekt am TMG stieß auf viel öffentliches Interesse. Während am Ende des SJ 2010/11 George langsam im TMG eingeführt wurde, startete er im Herbst 2011 so richtig offiziell als Schulhund. Bereits Anfang 2012 erschien ein erster Bericht in der BNN. Kurz danach meldete sich der SWR und dreht einen Film über George für das Kinderfernsehen; Ausschnitte aus diesem Film wurden einige Wochen später in der Sendung „Kaffee oder Tee“ gezeigt. Tobias Hallmayer, ein ehemaliger Schüler des TMG, drehte 2013 den Film „Schulhund George“, der inzwischen über 27.000 Aufrufe bei YouTube erreicht hat, und 2015 den Film „George & James“ mit inzwischen über 19.000 Aufrufen bei YouTube. 2016 folgte ein Interview im Radio. 2017 meldete sich das ZDF bei uns und dreht für die Kindersendung „1, 2 oder 3“ einen Beitrag über unsere Schulhunde.

Die Wünsche

Leichte Wehmut macht sich angesichts dieses 10. Geburtstages bemerkbar. Mit 10 Jahren ist ein Hund langsam alt, auch wenn man George sein Alter kaum anmerkt. Er ist körperlich absolut fit. Der Tierarzt ist mehr als zufrieden und meint, George hätte das Zeug zum Methusalem. Wünschen wir George, dass ihm in den kommenden Jahren seine Gesundheit und Begeisterung, mit der er unser Leben begleitet, erhalten bleiben.

„Thought is wonderful, but adventure is more wonderful still.“ (Oscar Wilde)

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