Besuch beim KIT: Plasma – der vierte Aggregatzustand
Im Kern des Vortrags ging es um technische Anwendungsmöglichkeiten von Plasma (No pun intended), beispielsweise zur Beschichtung von Werkstoffen. Man nutzt die Wirkung der elektrischen Kraft auf die entstehenden Gasionen aus, um sie auf ein Material zu beschleunigen, wodurch dieses auf atomarer Ebene “zerstäubt” wird. Wir konnten anschließend einen Blick in einen Plasma-Beschichtungs-Apparat werfen - obgleich man durch das Guckloch des Apparates bloß einen violetten Schimmer sah.
Weiter ging es um den Plasmastrahlantrieb, welcher momentan der effektivste Antrieb für die Raumfahrt ist, mit dem Nachteil, dass er unglaublich wenig Schub produziert. Im Grunde wird in so einem Triebwerk ein Plasma erzeugt, welches elektromagnetisch beschleunigt wird und beim Entweichen die Schubkraft erzeugt. Der Vorteil eines Treibstoffes, mit dem man so beschleunigen kann, ist die hohe Effizienz, viel höher als die eines konventionellen chemischen Raketentreibstoffes.
Nach einer kurzen Saft- und Sprudel-Pause ging es mit Prof. Dr. Scherer um das Thema Kernfusion und Energiewende. Kernfusion (nicht verwechseln mit Kernspaltung in einem KKW) ist die Reaktion von zwei Atomkernen zu einem neuen Kern. Exotherme Kernreaktion können ungeheure Energiemengen freigeben. Diese könnte man dann in einem Kraftwerk zu elektrischem Strom umsetzen.
Im Gegensatz zu KKW strahlen die radioaktiven Abfälle eines Kernfusionskraftwerks zu Beginn zwar sehr intensiv, aber zerfallen binnen weniger hundert Jahren auf ein unerhebliches Niveau und stellen somit nicht das Endlager-Problem der KKW. Die enorme Aktivierungsenergie, welche die Kernreaktionen brauchen, stellen enorme technische Herausforderungen dar, welche uns bis heute an der Umsetzung des Kernfusionskraftwerks hindern, denn das torusförmige Plasma aus den Wasserstoffisotopen Tritium und Deuterium muss auf 100 Millionen Grad Kelvin erhitzt werden, während es mit Elektromagneten in Form gehalten wird.
Kernfusionskraftwerke könnten, sollte man in der Lage sein sie zuverlässig zu konstruieren, eine sichere und hocheffiziente Energiequelle sein und die Klassiker der erneuerbaren Energien ergänzen, wenn nicht sogar ersetzen.
Es gibt zwar noch keine Kernfusionsreaktoren, welche eine positive Energiebilanz haben, aber soll 2035 ändern. Das ITER Projekt ist der Bau eines experimentellen Kernfusionsreaktors in Frankreich, der das Zehnfache der Energie „erzeugen“ soll, wie das Erhitzen des Plasmas benötigen wird. Das KIT ist tief in die Entwicklung dieses Reaktors verwickelt und hat die Aufgabe einige komplexe technische Komponenten zu realisieren: Die Gyrotrons, leistungsstarke Mikrowellenoszillatoren um das Plasma zu heizen, sowie Elemente um die thermische Energie aus dem Reaktor abzuführen, die Gewinnung von Tritium aus Lithium und mehr.
Schlussendlich war das Event ergänzend, spannend und erleuchtend.
Arthur Meeh